Hamburg 11 Juni 73
Lieber Freund!
Ich bin Ihnen eine Antwort schuldig! Ich klage mich aber selbst an, damit Sie nicht
zu böse auf mich werden. Der Uebergang aus dem geschäftlichen Zustand in den geschäftslosen
ist sehr zeitraubend und unangenehm gewesen, erst jetzt kommen wir in unserer neuen
Wohnung zu Ruhe. Hochzeitfeierlichkeiten, neue Einrichtungen, Aussteuer, massenhafter
Besuch von Familienmitgliedern haben, trotz des schlechten Wetters, die Zeit rasch
verstreichen lassen, so dass ich mich selbst wundere, Ihren Brief vom 19 April datirt
zu sehen. Der diesen Morgen aus Melbourne eingetroffene Brief veranlasst mich, Sie
nicht noch länger warten zu lassen, der Baron schreibt nämlich, er habe an Sie auch
schreiben wollen, wäre aber nicht dazu gekommen, ich möge Ihnen die Mittheilung machen,
dass er gegen Ende April eine Kiste für Sie abgesandt habe worin ein Kistchen mit
Saurier in Alkohol, vom Murray Flusse. Dann Matte von
aus den Samoa Inseln, ebenfalls von daher Corallen. Einige Schwämme von Geograph
Bay in Westaustralien. Frischwasserschalen aus dem tropischen Australien und Körbe
(Flechtwerk) oder dergleichen aus Victoria, gefertigt aus
.
Sowie die Kiste ankommt, soll sie sofort auf die Bahn zu Ihnen gegeben werden.
Meines Auftrags habe ich mich nun erledigt, nun habe ich Ihnen auf Ihren Brief noch
zu melden, dass die vorige Kiste mit Hölzern u Büchern noch eine Kiste mit Spritusgefäss
enthält worin Gegenstände aus Port Denison in Nordostaustralien. So steht es [in]
Dr Müller's Brief vom 22/9 72. Weiteres weiss ich nicht davon.
Dass diese Sachen wieder schlecht gewesen sind, bedaure ich, wundere mich indess nicht
darüber. Wenn man die Frau Dietrich, welche für Godeffroy in Australien sammelte,
über die Schwierigkeiten sprechen hört, welche sich dem Sammler im Norden Australiens
entgegenstellen, namentlich bei dem Versenden mit dem horrenden theuren Spiritus,
so muss man sich wundern, wenn überhaupt noch Spiritussachen von dorther kommen. Und
wie ich höre, sind die beiden Müller'schen Sammler in Bowen bei Port Denison entschiedene
Liebhaber des Branntweins! Ich habe auch unsern Freund darauf aufmerksam gemacht.
Frau Dietrich, die seit einigen Monaten wieder hier ist u viel in meinem Hause verkehrt,
wird vielleicht nach einem Jahr wieder zurück gehen, weil ihr das Leben hier nicht
mehr gefällt. Die Frau hat wieder über 40 Kisten voll schöner Sachen mitgebracht,
namentlich Schlangen, Fische etc keine Pflanzen, da sie jetzt kein Interesse mehr
dafür fühlt. Die konnte wohl sammeln, sie hatte ihren Gehilfen bei sich, dann Godeffroy's
Geldbeutel u wenn die Kisten voll waren, kamen Godeffroy's Schiffe u holten sie ab.
Frau Dietrich reist in diesen Tagen auf 2 Monate in ihre Heimat (Sachsen) u dann vielleicht
nach Holland. Nach ihrer Rückkehr wird sie ihre letzte Ausbeute ordnen. Godeffroy
giebt ihr immer so viel Geld als sie haben will, dann, wie er sagt, verdient sie doch
noch nicht genug; eine solche Frau existirt auch wohl nicht zum zweiten Male. Das
Klima hat ihr nicht im Geringsten geschadet, sie ist eben so rüstig u kräftig als
bei ihrem Weggang vor 10 Jahren.
Unser Baron klagt wieder über Feindseligkeiten die ihm neuerdings wieder zu Theil
geworden sind; er hofft nun aber wieder auf den 1 Juli, dem Antritt des neuen Parliaments.
Mit der Sache, seine Verheirathung betreffend ist es mir ein Rätsel, immer schreibt
er seine Verhältnisse können sich jeden Ausgenblick bessern durch die Verbindung mit
der angesehenen Familie und immer kömmt der [Schluss] oder das Resultat nicht. Hat
er sich Ihnen gegenüber niemals geäussert? mir [...] er hatte es thun müssen. — Dass
er mir den hohen Berg dedicirt hat, das beschämt mich eigentlich, solche Ehrenbezeugungen
kommen andern Leuten zu, wie Liebig, oder fürstlichen Herrschaften. Zeil hat einen
Mount Müller im hohen Norden benannt, unser Freund hat sich dafür rächen wollen.
Sie
kommen auch noch an den Berg, denn Mr Giles ist wieder unterwegs, er hat am 21 April,
gerade beim Abgang des Müller'schen Briefes telegraphirt, er gehe von Port Augusta
nach Mount Olga und Lake Amadeus ab. Da giebt es noch viele neue Berge zu benennen
u da will ich schon an Sie erinnern.
Im vorigen Monatsbrief erwähnt Dr v M. dass Sie ihm verschiedene Wünsche aufgegeben
hätten, er wolle sich Mühe geben, Ihnen gerecht zu werden.
Heute erwarten wir das junge Ehepaar von seiner Reise aus Wien zurück, meine Frau
packt u ordnet so dass es mir ordentlich leid thut.
Hoffentlich geht es Ihnen u. den Ihrigen wohl. Mit Gruss
Ihr W. Sonder
Hamburg, 11 June 1873
Dear Friend,
I owe you an answer! But I accuse myself, so that you will not be too cross with me.
The transition from the commercial situation into the non-commercial has been very
time-consuming and unpleasant. We are only now settling down in our new home. Wedding
celebrations, new set-ups, endowments, and plentiful visits by family members in spite
of the the bad weather have allowed the time to elapse rapidly, so that I am surprised
to see your letter dated from 19 April. The letter that arrived this morning from
Melbourne induced me not to let you wait even longer. The Baron writes he has intended
to write to you but has not got to it. I am to inform you that he sent off a crate
for you about the end of April, in which there is a small box with lizards in alcohol
from the Murray River. Then matting of
from the Samoan Islands, likewise corals from there. Some sponges from Geograph Bay
in Western Australia. Fresh-water shells from tropical Australia and baskets (basket
work) or suchlike from Victoria, made from
.
As soon as the crate arrives, it shall be put on the railway to you.
I have now executed my task. Now I still have to report to you on your letter that
the previous crate with woods and books contained another box with jars of spirit
in which were objects from Port Denison
in north-east Australia. So it states in Dr Mueller's letter of 22/9/72.
I know nothing more of it.
I regret that these things have been worthless again, however I am not surprised about
it. When one hears Mrs Dietrich, who collected for Godeffroy in Australia, speak about
the difficulties that confront the collector in northern Australia, especially with
the dispatch with the exorbitantly expensive spirit, one must be surprised when spirit
items still come from there at all. And, as I hear, both the Mueller collectors in
Bowen near Port Denison are decided lovers of brandy! I have also made our friend
aware of it. Mrs Dietrich, who has been here again for some time and often visits
my house, will perhaps return again in a year, because the life here no longer pleases
her. The lady has brought back over 40 crates full of beautiful things, especially
snakes, fishes &c, no plants because she no longer feels an interest in them. She
could collect properly. She had her assistant with her because of Godeffoy's purse and when the crates were full, Godeffory's ships came and took them away. At present Mrs Dietrich is traveling for two months in her homeland (Saxony) and perhaps
to Holland. After her return she will put her last gains in order. Godeffroy gives
her as much money as she wants, then, as he says, she still does not earn enough.
Such a woman probably doesn't exist a second time. The climate has not hurt her in
the slightest. She is just as robust and strong as on her departure ten years ago.
Our Baron complains again about the hostilities that recently have again fallen to
his lot. However, he now hopes again on the installation of the new Parliament on
1 July.
The matter of his marriage is a puzzle to me. He always writes his conditions could
improve every moment by the connection with the distinguished family and the conclusion
or result always never comes. Has he never mentioned it to you? I presume he should have done that. I am embarrassed
that he has dedicated the high mountain to me. Such marks of honour befit other people
like Liebig or princely aristocracy. Zeil has named a Mount Mueller in the high North,
our friend will want to have revenge for it.
You
also will yet come to a mountain, because Mr Giles is under way again. On 21 April,
just on the departure of Mueller's letter, he telegraphed he was going from Port Augusta
to Mount Olga and Lake Amadeus.
There are still many new mountains to name there and I intend to remember you.
In the previous monthly letter Dr M mentioned that you have given him various desiderata.
He intends to take the trouble to do justice to you.
Today we expect the young married couple back from their trip to Vienna. My wife is
packing and arranging, so that I am really sorry.
It is to be hoped that you and yours are well.
With greetings
Your
W. Sonder