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Staatliches Museum für Naturkunde, Stuttgart. M69.12.16Preferred Citation:
Wilhelm Sonder to Ferdinand von Krauss, 1869-12-16 [M69.12.16]. R.W. Home, Thomas A. Darragh, A.M. Lucas, Sara Maroske, D.M. Sinkora, J.H. Voigt and Monika Wells (eds), Correspondence of Ferdinand von Mueller, <https://vmcp.rbg.vic.gov.au/id/M69-12-16>, accessed September 11, 2025
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MS annotated by Krauss 'R. 21. März' [Replied 21 March]. Letter not found.
Lieber Freund,
Wenn Sie im Laufe der Zeit, die seit meinem Anwesenheit in Stuttgart verflossen ist,
wahrscheinlich oft auf mich gescholten haben, auf den undankbaren Schlingel, der sich
tagelang umherführen lässt und nachher nicht einmal die Zeit findet, sich zu bedanken,
so darf ich nicht murren und thue es auch nicht. Soll ich mich nun aber hinsetzen
um Ihnen einen lamentablen Brief schreiben u klagen über alle die Hindernisse u Querströmungen
u.s.w.? Wozu soll das nützen. Ich hoffe und bitte, Sie sagen, es ist ein Fait accompli
und beruhigen sich damit und behalten damit die Ueberzeugung, dass ich es gut mit
Ihnen meinte wie Sie es gegen mich sind u auf das eklatanteste bewiesen haben. Ich
habe Ihr schönes Stuttgart nicht vergessen, ebenso wenig meine Frau, die mich oft
genug gequält hat mit den Worten: wenn Du jetzt nicht schreibst, so schreibe ich!
Und das hat Sie so lange gethan bis unser Junge krank wurde und gerade wie Ihre beiden
Mädchen die Masern durchmachen musste. bis der böse Tod erst unseren 28 jährigen Neffen,
dann die 20 jährige Nichte und zum Schluss meinen lieben Bruder entführte. Doch jetzt
genug davon und zu etwas Ihnen angenehmeren. Nachdem in den ersten Tagen dieses Monats
Herr Dr Hooker in Kew mir eine durch das Schiff Norfolk erhaltene Kiste zugestellt,
durfte ich erwarten, dass die grosse nach Stuttgart bestimmte Kiste jeden Tag nachkommen
dürfte. Ich wartete von einem Tag zum andern, es kam nichts, da riss mir die Geduld
und veranlasste mich einen energischen Brief an den Spediteur zu richten, was dann
auch zur Folge gehabt hat, dass ich gestern Abend die Nachricht erhielt, Kiste u Fass
werden mit nächstem Dampfer von London abgehen. Ich vermuthe, dass die verspätete
Absendung durch die sonst so prompten Spediteure wahrscheinlich wieder durch den längeren
Aufenthalt der […] im Customhouse herrührt. Die durchgehenden Waaren sollen eigentlich
gar nicht geöffnet werden, aber die Zollbeamten scheinen es nicht über's Herz bringen
zu können, in alle Kisten einzulugen, gelegentlich auch bei nicht gehöriger Aufsicht
denn ich erhalte keine Kiste die nicht geöffnet war, trotz mehrfacher Klagen von Seiten
meiner u Dr Müllers. Die Hauptsache ist nun aber doch, dass die Sachen da sind, und
dass Sie Ihren Antheil baldig nach dem Eintreffen in Hamburg erhalten werden. Aus
der Inhaltsliste ersehe ich, dass Ihr Antheil diesmal ein recht grosser u wie es scheint,
ein sehr schöner ist. Wenn unser Freund in einem seiner früheren Briefe auch gegen
mich äusserte, dass ich Kiste u Fass direct an Sie befördern solle, so hat er dieses
später wieder zurück genommen, weil doch zu viel in der Kiste sich befindet, das an
andere, mir viel nähere Addressen befördert werden soll. Namentlich wäre es doch zu
viel verlangt u wäre mit zu grossen Kosten verbunden gewesen, wenn Ihnen die Versendung
nach dem Norden, Schweden und Finnland aufgebürdet worden wäre. Sie können übrigens
sicher darauf rechnen, dass wenn ich den für mich bestimmten Antheil, der hoffentlich
obenauf liegen wird, abgenommen habe, ich nichts Eiligeres thun werde, als die Kiste
zu schliessen u sofort weiter zu senden, da sie mir in meinem neuen Hause gewaltig
im Wege steht. Das Fass geht aus dem Dampfschiff sofort auf den Bahnhoff, um Speditionskosten
zu sparen, damit habe ich auch nichts zu schaffen.
Ueber die Vergoldung des Gipsklumpens, (ich hätte bald geschrieben Goldklumpens) weiss
ich Bescheid, ich werde die Kosten ersetzen.
Möge diese Sendung Ihnen u Ihren allmächtigen Herren Freude u Interesse gewähren,
u sie gestimmt machen unsern Freund auf die höchste Stufe seiner Wünsche zu bringen.
Sie wissen nun aus unserer mündlichen Unterredung was ich damit meine. Dr Müller hat
bedeutend an Ansehn gewonnen durch die Huldbezeugung Ihrer hohen Herrschaften. Er
schreibt manchmal, dass man in Deutschland vielleicht über ihn lachen werde wegen
seiner Eitelkeit, aber es geht dort einmal nicht anders. Er wäre lange aus seiner
Stelle durch die Engländer verdrängt, wenn nicht die ihm zu Theil gewordenen Ehrenbezeugungen
ihm soviel Respect, selbst bei den höheren Staatsbeamten verschafft hätten. Darum
muss er streben bis an das Ziel, das ihn auch in anderer Beziehung an das Ziel seiner
Wünsche zu bringen vermag. Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass M. ein zweites Stipendium
zu stiften beabsichtigt, so bald er nur die Mittel in Händen hat. Für Ihr Museum wird
er für Sie wirken, seitdem ich ihm nun aus Autopsie berichten konnte, dass seine Sendungen
an die rechte Stelle gelangen. Vielleicht hat er Ihnen selbst geschrieben, dass die
durch ihn hervorgerufene Expedition nach dem Innern von Westaustralien aus, wiederum
durch den Betrug der Eingeborenen vereitelt ist, und doch hat er schon wieder eine
neue auf dem Tapet nach dem Golf von Carpentaria. Möge er gesund bleiben, dann leistet
er noch viel.
Wegen Ihres Europamüden Sohns habe ich mit verschiedenen Bekannten gesprochen, jeder
meint, da könne man schwer rathen. Hier empfiehlt man im Allgemeinen mehr den Amur
als Japan. Die Hamburger gehen meistens nach Westindien oder Südamerika d. h. nach
der Westküste wo es, namentlich in Peru u Chile gesunder ist. In Westindien u Mexiko
wird man eher reich, aber ungefähr 1/3 stirbt an Klimafieber oder kömmt mit einer
unheilbaren Leberkrankheit zurück. — Die Wahl ist schwer, wer kann wissen, wo den
Menschen das Glück sucht u ohne dieses geht es nicht; wer zurückkommt ist in der Regel
reich, aber viele bleiben auch da. Wenn Ihr Sohn eine gute Stelle in England hat,
so soll er lieber in Europa bleiben, ein thätiger Geschäftsmann könnte in England
bestimmt fort. Von Australien wird Müller Ihnen sicher abrathen, dahin geht auch kein
Hamburger Kaufmann.
Meine Frau dankt verbindlichst für Ihren freundlichen Gruss, sie empfiehlt sich mit
mir Ihrer ganzen Familie bestens, wir hoffen dass die Masern überwunden und Alles
wieder im besten Wohlsein sich befinde. Wir hoffen, dass Sie im nächsten Herbst nach
Rostock gehen, vorher aber in Hamburg uns besuchen; bringen Sie dann Ihre Frau auch
mit.
Nun Gott befohlen
Ihr
W. Sonder
Ich lege in die Kiste ein Paket Algen für den verehrten Herrn von Martens, der so
freundlich gewesen ist, mir von den Algen der Ostasien Expedition einen Theil zu schenken.
Ich bitte Sie um gefällige Beförderung.
Zur Entschädigung für mein langes Schweigen habe ich Ihnen ein Schmerzensgeld zugedacht.
Ein Schmerzensgeld in Form eines Australischen Schädels. Das ist doch sonderbar. Ich
habe diesen wunderschönen, ganz vollständigen Kopf (mit Gebiss) seit einigen Jahren
liegen, er hatte eine andere Bestimmung, seitdem ich aber gesehen, dass derselbe Ihnen
im Museum fehlt, bitte ich mit demselben die Lücke neben dem Neuseeländer auszufüllen.
[…]
After Dr Hooker in Kew in the first days of this month delivered a crate to me received
by the ship Norfolk, I dared to expect that the large crate destined for Stuttgart might follow on any
day. I waited from one day to another, nothing came, then I lost patience and it caused
me to direct a firm letter to the forwarding agent, which then had the consequence
that yesterday evening I received the news that crate and barrel will go off from
London by the next steamer. I suspect that the late dispatch by the otherwise so prompt forwarding agent stemmed
from the long stay of the [items of freight] in the customs house. Goods in transit
should really not be opened at all but the customs officers seem to be unable to find
it in their hearts [not] to pry into all crates, now and again even without proper
supervision, as I do not receive any crate that was not opened, in spite of repeated complaints on my part and by Dr Mueller. But really the principal thing now
is that the items are there and that you will get your share quickly after arrival
in Hamburg. I see from the list of contents that this time your share is a very large
one and it seems a very fine one.
Though our friend remarked to me in one of his previous letters that I should send
crate and barrel directly to you, later he withdrew this again, because there is really
too much in the crate that is to be forwarded to other addresses much nearer to me.
In particular it would ask too much and would be combined with too large an expense,
were you to be encumbered with the forwarding to the North, Sweden and Finland. By
the way, you can certainly count on it that when I have removed the share destined
for me, which it is to be hoped lies at the top, I will do nothing more urgently than
to close the crate and immediately forward it on, because it very much stands in the
way in my new house. The barrel is going immediately from the steamship to the railway
station to save the forwarding costs. I also have nothing to do with it.
2
Text unrelated to M not translated.
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The following note appears among the files at the Staatliches Museum für Naturkunde, Stuttgart, on the back of an inter-departmental
letter dated Stuttgart, 2 January 1870 that does not seem to have anything to do with
M:
Notizen über Son Sendung
von Dr F. v. Müller im Januar 70.
Die 6 Conchylien von Wintle in Hobartown sind schlecht.
Die Land Conchylien von Tasmania u. von [...] aus Sydney waren gut, auch die Meeresconchylien
aus Tasmania. Die Helix No 1. u. 2 aus Tasmania als n. sp. bemerkt habe ich noch nicht
bestimmen können.
[Notes on So[nder]'s consignment from Dr F. von Mueller in January 1870. | The 6 shells
from Wintle in Hobartown are no good. | The land shells from Tasmania and a [...]
from Sydney were good, also the marine shells from Tasmania. I have not yet been able
to name the Helix No 1 and 2 from Tasmania, that were marked as new species.]
I don't know about the gilding of the plaster nugget (I almost would have written
gold nugget), I will reimburse the costs.
May this consignment give pleasure and interest to you and your powerful masters,
and convince them to bring our friend's desires to its highest level. You know now
from our verbal discussions what I mean. Dr Mueller has won considerable respect through
the gracious testimony of your distinguished masters. He sometimes writes that people
in Germany may perhaps laugh at him because of his vanity, but there is just no other
way there. He would long ago have been driven out of his position by the English,
had it not been for the honours bestowed upon him that earned him so much respect,
even among the senior government officials. Hence he needs to keep pushing towards
the goal, and this too may bring him towards his own wishes. I have already said to
you that M. intends to establish another scholarship, just as soon as he has the means
at hand. He will work for your museum, as I was able to report to him from my own
eyes that his consignments have reached the right place. Perhaps he has written to
you himself that the expedition arranged by him to the interior of Western Australia
has been thwarted again by the deceit of the Aborigines and yet he has already a new
one in train to the Gulf of Carpentaria. May he remain in good health, because he
will still achieve very much.
[...]
If your son has a good position in England, he should prefer to remain in Europe.
An active businessman could certainly advance in England. Mueller would certainly
advise against Australia. No Hamburg merchant goes there.
4
Text unrelated to M not translated.
5
See M to F. von Krauss, 13 July 1870, in this edition as 70-07-13c.
[…]
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Text unrelated to M not translated.