Herrn Prof. J. Agardh
Lund
Hamburg d. 10 Janr 54.
Werthester Herr,
Ein Bekannter von mir reist morgen nach Schweden und erbietet sich, beifolgendes Heft
mitzunehmen, das ich ohne einige Zeilen beizufügen, nicht abgehen lassen kann.
Eigentlich hätte ich Ihnen schon vor langer Zeit schreiben sollen, denn ich habe Ihnen
für Ihre freundliche Mittheilung Ihres Algenwerkes recht vielen Dank zu sagen. Unzählige
Male habe ich es mir vorgenommen, und ganz ernsthaft damals, als ich das Vergnügen
hatte, Ihren Vater bei mir zu sehen, aber die vielen amtlichen Geschäfte liessen es
nicht zu. Dann wollte ich auch gerne erst die Müller'schen Algen absolviren und dazu
gehörte mehr Zeit als ich erwartete. Sie müssen nämlich wissen, dass ich unserm Freunde,
Senator Binder hauptsächlich zu verdanken habe, dass man mich vor zwei Jahren in das
Sanitätscollegium wählte und damit mir ein recht schwieriges und zeitraubendes Amt
aufbürdete, das ich aber nicht ablehnen konnte. Uebrigens bin ich jetzt so eingearbeitet,
dass ich öfter wieder von Binder's unbestimmten Algen vornehme, auch meine eigne Sammlung
in Ordnung bringen kann. Nachdem ich längere Zeit keine Algologie mehr getrieben hatte,
musste ich mich erst wieder einarbeiten. Dass ich manches noch nicht ganz in Ihrem
Sinne aufgefasst ist mir mehr als wahrscheinlich, und ich bitte Sie deshalb freundlich,
mit den beifolgenden Algis Müllerianis & Zollingerianis etwas Nachsicht zu haben.
Da Freund Müller jezt festen Fuss in Südaustralien gefasst und von der Regierung angestellt
ist, so werde ich noch recht viele Gelegenheit haben, über die Algen Australiens etwas
zu veröffentlichen, ich erwarte noch gegenwärtig eine Sendung von Port Philipp, die
nach dem Briefe viel Interessantes enthalten soll. Was ich bis jetzt erhalten habe,
ist meistens nur in wenigen Exemplaren vorhanden, dennoch werde ich Ihnen von manchen
neuen Arten ein Exemplar mittheilen können, das geschehen soll, so wie ich die Zeit
gehabt haben werde für Müllers und meine Sammlung abzunehmen. Im ersten Frühlinge
erhalten sie bestimmt ein Packet.
Interessant ist doch die immer mehr hervortretende Uebereinstimmung vieler das Adriatische
Meer bewohnenden Algen mit denen der Küste vom südlichen Australien. Ich bin nicht
im Stande gewesen, die
sowie Taonia Solierii zu unterscheiden. Harvey wird wahrscheinlich die Beispiele
noch bedeutend vermehren.
Die Algen aus Java von Zollinger habe ich schon vor drei Jahren bestimmt; erst jetzt
hat mir Zollinger einige Abdrücke zu geschickt.
Ich will nicht hoffen, dass die Herausgabe Ihrer Species Algarum ins Stocken gerathen
ist; es würde allgemeines Bedauern erregen. Wer sich jemals mit Algologie beschäftigte,
weiss Ihre Arbeit und Ihren Fleiss zu würdigen, und wird Ihnen grossen Dank wissen,
wenn Sie es bis zu Ende führen. Welche Schwierigkeiten haben Sie aber noch bei den
grossen Gattungen
,
etc. zu überwinden! Kützing hat es Ihnen mit letzterer Gattung nun freilich leichter
gemacht, dass er die Arten abbildete, aber selbst mit den alten Arten ist wenig zu
machen. Möge Ihnen der Himmel Gesundheit und Ausdauer schenken! Mit wahrer Freude
habe ich Harvey's Nereis boreali-americana begrüsst; ein solches Werk söhnt uns oft
völlig wieder aus, wenn einmal die Lust vergangen ist. Was wird Harvey noch leisten,
wenn er gesund bleibt. Er ist am 10 October glücklich auf Ceylon angekommen.
Indem ich Ihnen zum Schlusse nun meinen Glückwunsch zum soeben angetretenen neuen
Jahr abstatte, wünsche ich, dass im Lauf desselben unsere Beziehungen wieder vermehrt
werden und wir das Vergnügen haben mögen, Sie im Sommer wieder einmal hier zu sehen.
Binder, der sich Ihnen bestens empfehlen lässt, ist augenblicklich an rheumatischen
Beschwerden leidend, hat überhaupt in der letzten Zeit sehr gealtert, welches seinen
angestrengten Arbeiten zuzuschreiben ist. Er wollte eigentlich seine Algensammlung
verkaufen, ich sträube mich aber so viel als möglich dagegen, und suche es ihm auszureden.
Mit der Bitte um Ihr ferneres Wohlwollen und dem verbündlichsten Dank für die gütigst
geschenkten Hefte Ihrer Species Algarum, verbleibe ich
Ihr
ergebenster
W. Sonder
To Professor J. Agardh,
Lund.
Hamburg, 10 January 1854.
Esteemed Sir,
An acquaintance of mine is travelling to Sweden tomorrow and offers to take the enclosed
publication with him, which I cannot dispatch without first adding a few lines.
I really should have written to you long ago, because I have to offer you many thanks
for kindly sending me your work on algae. I made the good intention innumerable times,
and quite seriously at the time, when I had the pleasure of having your father
with me, but the many official duties prevented it. Then I also wanted to finish
Mueller's algae first, and that took more time than I had expected. You have to understand
that, thanks mainly to our friend Senator Binder,
they elected me to the Public Health Council two years ago, and with that burdened
me with a rather difficult and time-consuming office which, however, I could not very
well refuse. However, I am now so well settled into it, that I am again able to take
up Binder's unidentified algae more frequently,
and also to put my own collections in order. After not having been engaged in algology
for a long period I had to get back into it again at first. It is more than likely
that I have not yet understood many species quite in your sense, and for that reason
I beg you to show a little indulgence towards the enclosed 'Algae Muellerianae' and
'Zollingerianae'.
As friend Mueller has now firmly established himself in southern Australia and is
employed by the Government, I shall no doubt have many opportunities to publish something
on the algae of Australia. I am at present expecting a consignment from Port Phillip
which, according to his letter,
should contain much of interest. What I have obtained so far has usually been represented
by only a few specimens, yet I should be able to send you a specimen of many of the
new species. This is to be done as soon as I have found the time to take out the material
for Mueller
and for my own collection. You can be sure of receiving a parcel by the beginning
of Spring.
It is interesting to see the more and more pronounced agreement of so many algae inhabiting
the Adriatic Sea with those found on the coast of southern Australia. I have been
unable to differentiate
or
. Harvey will probably be able to multiply these examples considerably.
I had already determined Zollinger's algae from Java three years ago, but it is only
now that Zollinger sent me a few reprints.
I do hope that the publication of your Species algarum has not come to a halt,
that would cause general regrets. Anyone who ever engaged in algology is able to
appreciate your work and your dilligence and will be very grateful to you if you complete
the work. But what difficulties you will have to overcome with the large genera
and
etc.! With the latter genus Kützing has made your task easier, it is true, by having
illustrated the species,
but even with the old species little can be done. May Heaven grant you health and
perseverance! I have greeted Harvey's Nereis boreali-americana
with great joy; such a work often reconciles one, when one has temporarily lost interest.
What may Harvey yet produce, if only he remains healthy! He arrived safely in Ceylon
on 10 October.
Finally I send you my best wishes for the just commenced New Year, and I wish that
in its course our communications may become once again more frequent, and that we
may have the pleasure of seeing you here once more in summer. Binder, who sends you
his regards, suffers from rheumatic problems just now. He has generally aged a lot
lately, which is attributed to his strenuous work. He really had intended to sell
his algal collection, but I oppose him as much as I am able to and try to talk him
out of it.
Please maintain your good will towards me and accept my sincere thanks for the issues
of your Species algarum. I remain
your
most devoted
W. Sonder.