22/9/82
Mein tiefgefühlter Dank ist Ihnen auszusprechen, edler Herr, für Ihre Güte ohne Verzug
Ihre kostbare Zeit meiner ersten Sendung von Algen aus der Neuzeit zugewandt zu haben.
Dies ermuthigt mich, Ihnen auch fürder Alles Algologische zuzusenden, das in meinen
Bereich kommen mag.
Inzwischen wird mancherlei bei Ihnen angekommen sein, selbst recht Gewöhnliches; aber
ich denke, es kann ja nicht schaden, wenn auch das Bekannteste Ihnen zugeht, denn
Ihr Meisterauge mag doch zuweilen etwas Bemerkens-Werthes daran erkennen. Ich habe
selbstverständlich den Correspondenten u Sammlern selbst manche Namen der Algen mitgetheilt,
wie
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&c &c und was sonst auf den ersten Blick erkenntlich ist. Da aber meine Zeit in einer
sehr umfangreichen amtlichen Correspondenz stark in Anspruch genommen ist, u ich mit
9000 Phanerogamen Australiens zu thun habe, muss ich die Evasculares grossen Specialisten
überlassen. Die Verhältnisse bringen es hier auch mit sich, dass ich einen Theil meiner
Zeit der Medicin, der Chemie u der Geographie, ja für paläontologische Fragen sogar
der Geologie widmen muss. Unter solchen Umständen ist es dann auch verzeihlich, wenn
ich mitunter mit meinen Antworten an Correspondenten zurückbleibe, u so mag ich auch
selbst Sie, hochverehrter Herr, vernachlässigt haben.
Die Weltausstellung während 1880 u 1881 nahm mir auch viel Zeit, da ich als einer
der Commissare u auch in 3 Abtheilungen als einer der professionellen Schiedsrichter
wirkte.
Gewiss hat Ihnen Frau Doctorin Sonder, eine sehr edle Dame, die von ihrem tiefbetrauerten
Gemahl, meinem Jugendfreunde, unbenannt gebliebenen Algen zugesandt, wie ich schriftlich
anordnete.
Da ich die ganzen Sammlungen Dr Sonder's kaufte, kann ich später Ihnen von hier aus
irgend eine zweifelhafte Alge original senden, welche aus seiner Collection vielleicht
noch weiterer Studien bedarf.
Dass Sie mir die sämtlichen Algen neulich zurücksandten, ist sehr gütig; aber in Zukunft
behalten Sie ja irgend etwas, das Sie interessiren oder Ihre eigne Sammlung vervollständigen
mag.
Ich fürchte, mehrere Ihrer hochwichtigen Schriften, die Sie mir schenkend zuwandten,
nicht anerkannt zu haben. Meine Augen haben durch Übergrosse-Anstrengungen in letzterer Zeit gelitten, u da ich selbst Mediciner bin, sah ich die
Gefahr einer schonungslosen fortgesetzen Über-Anstrengung im Schreiben während selbst
später Nacht-Stunden, zumal da die Ausarbeitung eines geographisch-literarischen u
chronolog. Census sämmtlicher jetzt bekannten Pflanzen Arten Australiens, mich ohnehin
fast ganz an den Schreibtisch fesselte in diesem Jahre. Ich werde mir die Freiheit
nehmen, Ihnen das Manuscript des phycologischen Theils im nächsten Jahre für gütige
verbessernde Durchsicht vorzulegen. Die Acta Univ. Lund. von 1880-1881 geben ja auch
wieder wichtige neue Notizen dafür.
Seien Sie nicht unzufrieden mit mir, lieber Herr Professor, wenn Ihnen selbst nicht
alle meine neueren literarischen Werke zugingen. Die Zahl der wegzugebenden Exemplare
ist gering; so habe ich das Senden häufig auf wissenschaftliche Anstalten beschränkt.
Ihre schöne u venerabele physiographische Gesellschaft glaube ich stets bedacht zu
haben; sollte Ihnen für Ihre Privatbibliothek aber doch an dem Einen oder Anderen
meiner literarischen Productionen gelegen sein, so werde ich eine Ehre darin suchen,
Ihren Wünschen nachzukommen.
Es war mir wirklich wohlthuend, Sie den unerreichbaren vielseitigen Linné gegen Sachs
so würdig verteidigt zu sehen. Linné muss der grösste
biomorphische
Naturforscher
aller
Zeiten bleiben! Giebt es doch keine Quadrat-Meile der belebten Erde, sei es auf Festland
oder im Meer oder in den Lüften, wo nicht die Thierwelt u Pflanzenwelt von Linné für
alle Zeiten sprechen werden!
Sie ehrend der Ihre
Ferd. von Mueller.
Dürfte ich Sie um ein neueres Photogram von Ihnen bitten, u würden Sie mein bescheidenes
Lichtbildchen freundlich annehmen?
Wenn Sie gelegentlich Herrn Baron Nordenskiold begegnen, bitte ich diesem verehrten
Eröffner der nordost Passage meinen Gruss zu entbieten!
22/9/82
My deeply felt thanks are to be expressed to you, noble Sir, for your kindness in
having without delay turned your valuable time to my first consignment of algae from
recent times. This encourages me also to send all algae in the future that may come
into my sphere.
In the meantime various things will have arrived at your place, even very common things,
but I think it can do no harm if even the best known goes to you, since your masterly
eye may indeed recognise something remarkable now and then amongst them. I have of
course myself informed the correspondents and collectors of some names of the algae,
such as
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&c &c and whatever is recognisable at first glance. However, since my time is largely
taken up with a very extensive official correspondence and I have to do with 9000
phanerogams of Australia, I must leave evasculares to great specialists. The conditions
here require also that I must devote a part of my time to medicine, chemistry and
geography, indeed for palaeontological questions even geology. Under such circumstances
it is then also excusable if from time to time I remain behind with my answers to
correspondents, and so I also may have neglected even you, highly respected Sir.
The International Exhibition during 1880 and 1881
also took much of my time, since I worked as one of the commissioners and also as
one of the professional judges in three sections.
Undoubtedly Mrs Sonder, a very noble lady, has sent you the algae remaining unnamed
by her deeply mourned husband, my friend from youth, as I arranged by letter.
Since I purchased the complete collection of Dr Sonder, I can later send you from
here any one of the doubtful original algae from his collection that perhaps needs
even further study.
That you recently sent back to me all the algae is very kind, but in future do keep
something that interests you or may complete your own collection.
I am afraid several of your highly important papers that you gave me have not been
acknowledged. My eyes have suffered recently through excessive exertions and, since
I am a physician myself, I saw the danger of a relentless continued over-exertion
in writing during even late night hours, especially since the preparation of a geographic-literary
and chronological census of all the plant species of Australia now known
bound me at all events almost completely to the writing desk this year. I shall take
the liberty of submitting the manuscript of the phycological part to you next year
for kind corrective review. The Acta Universitatis Lundensis of 1880-1881
certainly give important new notes for it again.
Do not be dissatisfied with me, dear Professor, if not all my recent literary works
reach you. The number of copies to be given away is small, so I have often reduced
the sending to scientific institutes. I believe I have always remembered your fine
and venerable physiographical society; if, however, it should matter to you for your
private library to have one or the other of my literary productions, I shall find
it an honour to carry out your wishes.
It was really agreeable to me to see you defending so worthily the unattainable versatile
Linné against Sachs.
Linné must remain the greatest
biomorphic
natural scientist
of all
time! Surely there is no square mile of the inhabited earth, be it on land or in
the sea or in the air, where the animal and plant world will not speak of Linné for
all time!
Respectfully your
Ferd. von Mueller.
May I ask you for a new photograph of you, and would you kindly accept my modest little
photograph?
If you happen to meet Baron Nordenskiold, please offer this respected opener of the
north-east passage my greetings!