Brisbane, 28. July 55.
Mein lieber Krichauff!
Ich habe gerade einen Augenblick Zeit, um durch ein paar flüchtige Zeilen von Dir
Abschied zu nehmen, auf eine lange Zeit. — Die Ungewissheit nämlich, ob die Regierung
von Victoria meine Stelle bei dem allgemeinen Geldmangel aufrecht erhalten würde,
hat mich veranlasst auf 1 1/2 Jahre Urlaub (ohne Gehalt) zu nehmen u. ich habe mich
der nordaustralischen Expedition als Botaniker angeschlossen. — Es ist ein gefahrvolles
Unternehmen, u ich halte es für ungewiss, ob irgend einer von uns zurückkomen wird.
—
Der Plan der Reise und die allgemeinen Anordnungen in Betreff derselben werden Dir
durch die Zeitungen bekannt geworden sein.
Sollte ich glücklich zurückkehren, dann habe ich eine kleine Summe zur Disposition
u lasse mich vielleicht ruhig neben Euch nieder.
Willst Du mir ferner die Güte erzeigen, für mein Interesse dort zu wachen, gewiss
werde ich Dir dankbar sein. — Bertha mag für ihre Bedürfnisse die Land- u Hausrente
einziehen. Das Päckchen Pflanzen habe nach wiederholter Anfrage von H. Heuzenroeder
erhalten, u ich habe mich wahrhaft über die prächtigen Exemplare von Duttonia gibbiflora
gefreuet, welche Sir William Hooker abzubilden versprochen hat. Ich bringe das Genus
zu den Myoporineen.
In Betreff der von Euch gewünschten Sämereien habe ich leider aus Zeitmangel nichts
thun können. — Ich habe nicht einmal von meinen Empfehlungsbriefen an Sir Th. Mitchell,
Sir Ch. Nicholson &c Gebrauch machen können, habe aber Erkundigungen eingezogen u
erfahren dass Mr Baptist, Sydney, Euch alles gerne senden wird was Ihr verlangt, wenn
Ihr ihm einige Samen einheimisch südaustral. Pflanzen zusendetet.
Morgen segeln wir von hier. Lebt denn wohl u nehmt meinen Dank für die mannichfache
Freundlichkeit die Ihr uns Allen erwiesen. Sollte das Geschick bestimmt haben, dass
wir uns nicht wieder sehen, seid versichert, dass ich Eurer Freundschaft bis an mein
Lebens Ende stets eingedenk bleibe.
Euer treuer
Ferd. Mueller.
Brisbane, 28 July 1855.
My dear Krichauff,
I just have a moment to take leave of you, with a few hasty lines, for a long time.
The uncertainty, whether the Government of Victoria would maintain my position during
this general shortage of money, has led me to take 1 1/2 years leave (without pay),
and I have joined the North Australian Expedition as botanist. It is a dangerous undertaking,
and I consider it uncertain, whether any one of us will return. You will be familiar
with the plan and the general arrangements for the journey through the newspapers.
Should I return safely, I will have a small sum of money at my disposal and perhaps
will then settle down quietly next to you.
I would certainly be grateful to you, if you would further be so kind to look after
my interests there. Bertha may collect the land and house rents for her needs.
After repeated requests I have received the parcel of plants from H. Heuzenroeder,
and I have been truly pleased about the magnificent specimens of
, which Sir William Hooker promised to illustrate. I have placed the genus in the
.
Unfortunately I have been unable to do anything about the seeds you wanted, due to
lack of time. I have not even been able to make use of my letters of recommendation
to Sir Thomas Mitchell, Sir Charles Nicholson etc.,
but I have made enquiries and found out that Mr Baptist of Sydney will be pleased
to send you anything you wish, if you will send him some seed of indigenous South
Australian plants in return.
Tomorrow we will sail from here. So fare well, then, and accept my gratitude for all
the manifold kindnesses towards us all. Should fate have ordained that we are not
to see each other again, be assured that I will always remember your friendship to
the end of my life.
Yours truly
Ferd. Mueller.