Melbourne, im bot. Garten,
am 22. April 1863.
Theuerster Freund u. hochverehrter Herr College
Ich weiss wahrlich nicht, durch welch unglückliches Ungefähr die Beifügung meines
Exemplares meines Werkes über die Pflanzen dieser Colonie für Sie bestimmt unterlassen
wurde, wie ich die nicht unbedeutende Vertheilung von Exemplaren durch unsern Freund
Dr Sonder veranlasste. Es muss im Gedränge der Geschäfte damals das für Sie bestimmte
Buch unsignirt geblieben und daher nicht abgesandt sein. Um nun doch gleich diesen
Fehler, den ich schmerzlich bereue, wieder gut zu machen, sende ich nun das Werk mit
dem Postdampfschiff an M. Lejourdan, den Director des bot Gartens in Marseilles, der
stets freundlichst Weitersendungen zu veranstalten bereit ist und ja wohl leicht die
Weiterbeförderung nach Wien möglich machen kann. Ich hätte es mit der Lloyd Linie
Ihres Landes gesandt, wäre ich des Ankommens des Werkes gewiss. Aber 1 Exemplar welches
Hr Dr Schott, unserm ehrwürdigen Freunde, auf diesem Wege vor einem Jahre zugesandt
wurde, scheint doch nicht angelangt zu sein, wenigstens erwähnt der Verehrte nichts
darüber in seinem jüngst eingelaufenen Schreiben.
Es ist recht zu beklagen, dass nicht eine leichtere Buchpostverbindung zwischen den
engl. Colonien u Deutschland existirt. Nach den Hinterwäldern von Canada können wir
unsere Bücher senden, aber nicht einmal nach der grossen Hanse Stadt.
Ich erlaube für Ihre gütige Entgegennahme auch den 3. Band der Fragmenta beizufügen,
u falls Ihnen die Hefte der 1st u 2ten nicht vollständig zukamen (was ich fürchte)
werde ich Ihnen sehr gern das Fehlende nachsenden oder die Bände complet. Ich bin
Ihnen für vielfache Beweise Ihrer Güte ausserordentlich verpflichtet, namentlich wieder
für eine sehr reiche Beisteuer zu den Sämereien unseres Gartens, u werde ich dankend
nicht ermangeln, Ihre grosse Anstalt bei unsern Vertheilungen so gut ichs vermag zu
berücksichtigen.
Ich habe Ihnen demnächst noch einige Abhandlungen zu übersenden, welche jetzt in der
Presse sind. Bentham arbeitet an der Universalflora so unermüdlich weiter, dass es
mir, inmitten meiner Amtspflichten, nicht leicht sein wird, so wie ich es möchte ihm
hülfreich zu sein. Die grossen Familien der Leguminosen u Myrtaceen werden mich demnächst
beschäftigen in Vorarbeiten für Bentham's Werk.
Mit steter Verehrung u Ergebenheit u Dankbarkeit bleibe ich, theuerer Herr Professor,
der Ihre
Ferd. Mueller.
Ich schuldige Ihnen noch immer die Sendung meiner Karte für Ihre, welche mich so erfreute
u den ehrenvollsten Platz in meiner Sammlung hat. Längeres Brustleiden hat mir einen
melancholischen Ausdruck aufgeprägt, der hoffentlich mit erstarkender Gesundheit freundlichen
Zügen weichen wird.
Melbourne Botanic Garden,
22 April 1863.
Dearest friend and highly revered colleague,
I really do not know through what unhappy accident the enclosure of the copy of my
work on the plants of this Colony,
destined for you, was omitted, when I arranged the not inconsiderable distribution
of copies through our friend Dr Sonder. With the pressure of work at the time the
book intended for you must have remained unsigned and thus was not sent. To rectify
this fault, which I regret deeply, I am now dispatching the work by mail steamer to
M. Lejourdan, the Director of the Botanic Gardens in Marseilles, who is always prepared
to kindly arrange the forwarding and easily should be able to make the transmission
to Vienna possible. I would have sent it with the Lloyd Line of your country, were
I sure of its safe arrival. But a copy, sent to our venerable friend Dr Schott this
way a year ago, does not seem to have arrived, at least the revered gentleman has
not mentioned it in his recently arrived letter.
It is very regrettable, that no easier book post exists between the English colonies
and Germany. We can send our books to the backwoods of Canada, yet not even to the
great Hanseatic city.
I take the liberty of also enclosing the 3rd volume of the Fragmenta, and in case the numbers of the 1st and 2nd were not received by you complete (as
I fear), I shall be pleased to send you what is lacking or the volumes complete. I
am extremely obliged to you for the many demonstrations of your kindness, in particular
again for a very rich contribution of seeds for our Gardens, and I shall not be lacking
in gratitude, when considering your great institution as best I can during our distributions.
I shall have to send you a few more papers soon, which are currently in press. Bentham
labours on indefatigably with the universal Flora,
so that it is not going to be easy for me, in the midst of my official duties, to
assist him as I would like. The large families of the
and
will occupy me shortly in preparation for Bentham's work.
With my constant respect and devotion and gratitude I remain, dear Professor,
your
Ferd. Mueller.
I still owe sending you my picture for yours, which pleased me very much and occupies
the most honoured place in my collection. A prolonged chest complaint has imprinted
a melancholy expression on my face that I hope will give way to a more friendly countenance
with improving health.