Bot. Garten, Melbourne, den 21. Juli 1857.
Hochgeehrter Herr Professor!
Mehr denn 10 Jahre sind verflossen, seitdem ich die Ehre hatte, mit Ihnen während
der Versammlung der Naturforscher in Kiel persönlich bekannt zu werden. Kurz vor meinem
Scheiden aus Europa übersandte ich ein paar hundert der selteneren Pflanzen, welche
mir in meinen botanischen Ausflügen durch Schleswig-Holstein vorkamen. Auch ohne wiederholte
Beobachtung der Roepera-Arten, welche Ihr grosser und nun auch schon verewigter Freund
Adrian de Jussieu Ihnen widmete, würde Ihre Freundlichkeit zu mir während der Kieler
Zusammenkunft meiner Erinnerung nicht entschwunden sein. — Die Untersuchung einer
Reihe australischer und südafrikanischer Arten von
zeigte mir die Unhaltbarkeit der Jussieuschen Gattung Roepera und ich habe deshalb
mit grosser Freude ein ebenso merkwürdiges, als prächtiges neues Genus der Kapparideen,
welches ich während der Reise des Mr. Gregory an den Quellen des Victoriaflusses zu
entdecken das Glück hatte, als Zeichen meiner Verehrung mit Ihrem Namen geschmückt
und bereits im Januarhefte der New
Garden Miscellany veröffentlicht, wozu der edle Mäcen Sir William Hooker freudig
die Hand bot. Etwas später habe ich Ihnen gleichzeitig mit einer Karte unserer Reise,
welche für unsern gnädigen Landesherrn, den Grossherzog von Mecklenburg-Schwerin bestimmt
war, durch unsern Freund Herrn Dr. Sander,
ein Exemplar der neuen Roepera diamoides
zugesandt.
Mancherlei Umstände haben es für mich notwendig gemacht, hier eine festere Stelle
als Mediziner einzunehmen , denn obwohl ich seit meiner Anstellung am hiesigen botanischen
Garten nicht mehr ärztlich praktiziere, würde mir doch die Erlangung der medizinischen
Doktorwürde eine bessere Stellung an der hiesigen Universität sichern, an welcher
ich später mitwirken werde. Ich studierte in Kiel Pharmazie und Naturwissenschaften
und erhielt dort das Diplom als Doktor der Philosophie und ich würde mich der Medizin
schon damals ganz zugewendet haben, hätte nicht der Gesundheitszustand meiner ältesten
Schwester es mir als einzigen Bruder zur Pflicht auferlegt, mit ihr sehr jung in eine
wärmere Zone auszuwandern. Ich habe später durch Selbststudium genug von Medizin erlernt,
um in einem Lande wie dem unsrigen, mich in dieser Richtung nützlich zu machen. Die
Arzneikräfte mancher einheimischen Pflanzen habe ich gelegentlich untersucht, wie
Sie vielleicht aus botanischen Zeitschriften erfuhren, und so habe ich u. a. zuerst
die tonische Wirkung der hier überall massenhaft auftretenden Goodeniaceen nachgewiesen.
Es würde mir zur grössten Freude und zu mannigfaltigen Vorteile gereichen, wollte
mich die medizinische Fakultät meiner Vaterstadt Rostock promovieren und dieser Beweis
von Anerkennung würde mich ermuntern, für Ihre Museen künftig nach Kräften beizutragen.
Ich habe in der Hoffnung, dass die medizinische Fakultät durch Ihren gütigen Einfluss
meiner Bitte Gewähr leisten werde, für die mit der Promotion verknüpften Kosten Herrn
Doktor Sander den nötigen Fond zu Gebot gestellt.
Mit den herzlichsten Wünschen für Ihr Wohlergehen, damit Sie, Herr Professor, noch
lange unserer Wissenschaft als Zierde erhalten bleiben, schliesse ich diese Zeilen.
Mit Hochachtung und Ergebenheit
Ferd. Mueller.
Herrn Prof. Dr. Roeper,
Rostock.
Botanic Garden, Melbourne,
21 July 1857.
Venerable Professor,
More than 10 years have passed, since I had the honour to make your personal acquaintance
during the meeting of scientists in Kiel.
Shortly before my departure from Europe I sent you several hundred rare plants, which
I had found during my excursions through Schleswig-Holstein. Even without repeated
observations of the species of Roepera, which your great and now deceased friend Adrian de Jussieu dedicated to you, your
kindness to me during the gathering in Kiel would not have faded from my memory.
The examination of a number of Australian and South African species of
indicated to me that Jussieu's genus Roepera is untenable. For this reason I have been delighted to adorn a strange and magnificent
new genus in the Capparideae with your name as a token of my veneration. I had the
good fortune to discover it during the expedition of Mr Gregory at the source of the
Victoria River, and published it already in the January issue of the New Garden Miscellany,
with the glad assistance of the noble patron of science, Sir William Hooker. A little
later I sent you through our friend Dr Sonder a specimen of the new
, enclosed with a map of our journey,
destined for our gracious sovereign, the Grand Duke of Mecklenburg-Schwerin.
Various circumstances have made it necessary that I should occupy a more secure position
as a medical man here. Although I no longer practise medicine since my appointment
to the Botanic Garden here, obtaining a medical degree would secure a better position
for me at our local University, where I will be a participant later on. I studied
pharmacy and natural science in Kiel and obtained there the diploma of a Doctor of
Philosophy. I would have turned to medicine already then, had not the poor state of
health of my elder sister
placed on me as her only brother the duty to emigrate with her to a warmer climate.
I have later learned enough of medicine through self-education to make myself useful
in a country such as ours here. Later I have at times examined numerous indigenous
plants for their medical properties, as you may perhaps have learnt from botanical
journals, and I have, for instance, been the first to prove the tonic properties of
the
, which are found here in large masses. It would be my greatest joy and would lead
to manifold advantages for me, if the medical faculty of the city of my birth, Rostock,
would confer on me a medical degree, and this token of recognition would prompt me
to henceforth contribute to your museums with all my power. In the hope that, through
your kind influence, the medical faculty will grant my request, I have made the necessary
funds, required for the costs involved with the conferment, available to Dr Sonder.
With my sincerest wishes for your well-being, that you, Professor Roeper, may be preserved
for a long time yet as an ornament to grace our science, I close these lines.
With respect and devotion,
Ferd. Mueller.
Professor Dr Roeper,
Rostock.